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Die Leckerli-Lüge Oder: Der Vergleich ohne Beine

Neufundländer Lohmann schaut skeptisch auf das dargebotene Leckerli.
Leckerli-Bezahlung in der Hundeerziehung?

In Hundeschulen ist der Einsatz von Leckerli dermaßen stark verbreitet, dass es mittlerweile nicht nur “praktische” Leberwurst aus der Tube gibt sondern auch immer merkwürdigere Erklärungen für den Einsatz von Leckerli.

In die Top 3 der am häufigsten genutzten Rechtfertigungen für den Gebrauch von Leckerli schafft es auf jeden Fall folgende Aussage: Der Mensch geht nicht ohne den Anreiz einer Bezahlung arbeiten, warum sollte also der Hund das tun?

Für die Mehrheit der Hundehalter ist das Thema “Leckerli in der Hundeerziehung” damit erklärt und ad acta gelegt. Dass dieser Vergleich nicht nur hinkt sondern in Wahrheit komplett ohne Beine unterwegs ist, hat in der Gedankenwelt der meisten Hundehalter zunächst keinen Platz. Zu schön ist anfänglich der Gedanke, dem geliebten Vierbeiner immerzu etwas Leckeres zu geben, zu groß der Erfolg der ersten (!) Trainingsstunden, sofern der Hund denn Lust auf Leckerli hat.

Der Erfolg relativiert sich, sobald der Hund die Leckerli weniger interessant findet als den anderen Hund oder das Reh; ist er per se ein schlechter Fresser, hat sich der Erfolg womöglich gar nicht erst eingestellt. Mit steigender Leckerlikrümel-Anzahl in menschlichen Kleidungsstücken relativiert sich dann häufig auch die Begeisterung der Hundehalter.

Die Frage, die sich der Hundehalter spätestens jetzt (besser jedoch im Vorfeld bei der Wahl der Hundeschule) stellen sollte, ist: Arbeitet mein Hund überhaupt für mich? Ist das, was ein erzogener Hund zeigt, wirklich Arbeit oder in Wahrheit einfach nur ein höflicher und respektvoller Umgang? Und wenn es tatsächlich nur ein höflicher und respektvoller Umgang ist und man das Beispiel wieder zurück auf den Menschen überträgt, müssen dann jetzt auch alle meine Mitmenschen von mir bezahlt werden, damit sie mich höflich und mit Respekt behandeln? Wohl kaum…

Wenn man von Hundeerziehung spricht, dann sind damit häufig folgende Ziele im alltgälichen Zusammenleben angestrebt:

  • Der Hund soll nicht anspringen (es zu unterlassen, ist keine “Arbeit”).
  • Der Hund soll nicht an der Leine ziehen, sondern auf die Richtung und das Tempo des Menschen achten (auf den Menschen zu achten, ist keine “Arbeit”).
  • Der Hund soll an der Leine nicht zu anderen Hunden hinziehen und diese auch nicht anbellen (an der Leine nicht gegen den Menschen anzureißen und ruhig zu bleiben, ist keine “Arbeit”).
  • Der Hund soll im Haus oder im Garten nicht bellen, wenn es klingelt oder Passanten am Zaun vorbeigehen (sich ruhig zu verhalten, ist keine “Arbeit”).
  • Der Hund soll auf den Ruf des Menschen reagieren und zu ihm zurückkommen (eine Reaktion auf eine Ansprache, ist keine “Arbeit”).
  • Der Hund soll im Allgemeinen auf die Ansprache des Menschen reagieren und diesen nicht ignorieren (siehe vorheriges Beispiel).

All diese Beispiele verdeutlichen, dass Hundeerziehung lediglich etwas mit höflichem und respektvollem Verhalten zu tun hat und nicht mit “Arbeit”. Eben diesen Umgang kann ich auch von meinem Hund ohne eine Bezahlung erwarten – wie bei meinen Mitmenschen auch. Selbstverständlich muss ein Hund gelobt werden, wenn er sich richtig verhält – zwischen Bezahlung und Lob herrscht jedoch ein himmelweiter Unterschied.

verfasst von:

Eine blonde Frau schmust im Sitzen mit einem großen, weißen Hund.
Ramona
Lütjohann,

Hundetrainerin & Tierpflegerin