In Episode 2 von "Du als Hundetrainer" erfahren Sie unsere Meinung darüber, ob der Mensch oder der Hund zuerst durch die Tür gehen muss.
Einer von vielen weit verbreiteten Irrtümern in der Hunderziehung ist die Sache mit der Tür. Unklar ist vielen Hundehaltern hierbei, ob nun der Mensch oder der Hund zuerst oder beide gleichzeitig durch die Tür gehen dürfen.
Immer wieder treffen wir auf Hundehalter, die von anderen Hundehaltern oder von einer Hundeschule gesagt bekommen haben, dass der Mensch immer vor dem Hund durch die Tür gehen muss. In der Natur würde der Rudelführer schließlich auch immer vorweg laufen, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen und um generell „die Lage abzuchecken“.
Mensch und Hund stehen vor der Tür. Die Tür wird geöffnet und der Hund zieht an der Leine nach draußen. Über die gespannte Leine wird der Hund vom Menschen zurückgehalten. Der Mensch hält die Leine weiterhin auf Spannung, damit der Hund nicht losgehen kann, und setzt dann den ersten Schritt durch die Tür.
Bringt das was? – Ehrlich gesagt: Nein! Wenn überhaupt hätte der Hund an lockerer Leine warten müssen. Ihn mit Hilfe von Kraft (mit der gespannten Leine) zurückzuhalten, ist keine Erziehung. Ohne Leine wäre der Hund beim Öffnen der Tür schließlich sofort rausgerannt.
Mir drängen sich zusätzlich noch ein paar Bilder auf, die jeglicher praktischer Umsetzung entbehren. Aber: Wenn es tatsächlich von Bedeutung wäre, dass der Mensch zuerst durch die Tür geht, müssten diese Situationen der Konsequenz wegen eigentlich wie folgt stattfinden. Zwei Beispiele:
Soll das die richtige Umsetzung sein?
Ganz klar: Nein! Entscheidend ist, dass der Mensch die Situation unter Kontrolle hat und der Hund auf ein Zeichen vom Menschen wartet. Übertragen auf die Praxis bedeutet dies: Tür öffnen, Hund wartet ab, was der Mensch für ein Zeichen gibt.
Der Mensch kommuniziert entweder
Auf diese Art und Weise ist es egal, ob der Mensch oder der Hund zuerst oder eben beide gleichzeitig durch die Tür gehen. Der Mensch ist der Entscheidungsträger – DAS ist der entscheidende Punkt.
Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit der Terrassentür und dem Hund, der alleine in den Garten gelassen werden soll: Entscheidend ist, dass der Mensch entscheidet, ob der Hund vor, nach oder gleichzeitig mit dem Menschen durch die Tür geht. Möchte der Mensch nun gar nicht mit in den Garten, lässt er den Hund vorweg gehen und bleibt drinnen.
Sich auf den Wolf als Urahnen unseres Hundes zu besinnen, um Rückschlüsse auf die Hundeerziehung ziehen zu können, ist gar nicht der falsche Denkansatz. Das Sozialverhalten von Hunden untereinander zu beobachten, auch nicht. Zu glauben, dass in einem Rudel der sogenannte Rudelführer immer vorweg läuft, ist jedoch falsch. Sowohl bei Wölfen als auch bei Hunden gibt es zwar einen Entscheidungsträger, dieser hält jedoch nicht an irgendwelchen starren Prinzipien wie z. B. „immer vorweg laufen“ fest. Ein solches Verhalten ist für Wölfe und/oder Hunde weder praktikabel noch sinnvoll.
Wie in unserem Beitrag Darf der Hund auf das Sofa? gilt auch an der Tür: Der Mensch muss entscheiden können, wie die Situation abläuft. Prinzipien wie „Der Mensch muss immer vor dem Hund durch die Tür gehen“ – und seien sie noch so verbreitet – beeinflussen die Hundeerziehung nicht.
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