In Episode 1 von "Du als Hundetrainer" erfahren Sie unsere Meinung zu Online Hundetraining und Erklärvideos.
Online Hundetraining ist die „neue Idee“ in der Hundeerziehung. Es passt ganz wunderbar in die heutige Zeit, in der man
Trommeln gehört zum Geschäft. Keine Frage. Ehrlichkeit offensichtlich nicht immer.
Vom „sofortigen Erfolg“ über absolut „stressfreie Hundeerziehung“ bis hin zum „garantiert wohlerzogenen Hund“ – vom Welpen über den Junghund bis hin zum Beißer: Online Hundetraining kuriert sie alle, das wird versprochen, garantiert und zugesichert, ohne dass der vermeintliche „online Hundetrainer“ jemals Hund und Herrchen kennengelernt hat. (Das wird er auch nie.)
Manch einer lässt sich in seiner (nur allzu menschlichen) Bequemlichkeit von diesen Werbeversprechen blenden. „Online Hundetraining“ klingt einfach einfach, oder?
Gelockt von mehr oder weniger professionell gedrehten Werbetrailern meldet sich der Hundehalter online zum Kurs an. Anschließend zahlt er einen Einmalbetrag oder ein monatliches Abonnement und bekommt dadurch Zugang zu verschiedenen Kursen. Diese behandeln alle möglichen Themen von der Stubenreinheit über die Grundkommandos, Leinenführigkeit, Probleme beim Alleinebleiben bis hin zum Beißen. Einfach alles, was ein Hundehalter glaubt wissen zu müssen.
Die fachliche Einschätzung des Hundeverhaltens und des Erziehungsstands obliegt dabei dem Hundehalter selbst. Ebenso beurteilt er sein eigenes Verhalten sowie seine didaktischen Qualitäten gegenüber seinem Hund. Er kontrolliert sich anschließend in der Praxis selbst und hat mit großer Wahrscheinlichkeit noch die Möglichkeit, seine Selbsterkenntnis in einem Forum mit anderen Halbwissenden zu zerreden.
Es gibt keine qualifizierte Kontrolle. Der Laie (Hundehalter) kontrolliert sich stattdessen selbst. Wäre er hierzu tatsächlich in der Lage und könnte er aus seinen Beobachtungen die angemessenen Rückschlüsse für die Hundeerziehung ziehen, so bräuchte er keine Hundeschule, keinen Hundetrainer und auch kein online Hundetraining. Es ist also ein Selbstversuch von vorn bis hinten.
Bereits zu Beginn des Online Hundetrainings schätzt der Hundehalter sich und seinen Hund selbst ein. Hierbei wird er mit Sicherheit die sichtbaren Probleme erkennen, ob er jedoch immer vermag, die Ursachen dieser Probleme zu ergründen, wage ich zu bezweifeln.
Auch während der Onlinekurse arbeitet man ohne jegliche Kontrolle durch einen qualifizierten Hundetrainer mit seinem Hund. Frei nach dem Motto „probieren geht über studieren“ übt man an dem Hund rum und kuckt, was klappt. Bei allem, was nicht klappt, ist dann entweder der Hund oder der online Kurs schuld. Und man doktort weiter rum.
Ganz ehrlich: DAS hat kein Hund verdient!
(Was eigentlich jeder weiß, aber leider nicht immer ernst zu nehmende Beachtung findet…)
Auch der Hund ist ein Lebewesen mit Empfindungen. Er ist kein Versuchsobjekt.
Wir Menschen haben ihn zu uns geholt in eine Welt, in der er seine instinktiven Verhaltensweisen wenig bis gar nicht ausleben darf. Da kann der Hund nichts für, es ist unsere menschliche Welt, die dies erfordert. Aus diesem Grund braucht der Hund einen verlässlichen Partner an seiner Seite, der weiß, was in unserer menschlichen Welt für einen Hund erlaubt ist. Das heißt, der Mensch muss den Hund authentisch und verlässlich führen.
Die Menschen glauben dann, diesem Bedürfnis nachkommen zu können, indem sie von Hundeschule zu Hundeschule und dadurch meistens auch von „Methode“ zu „Methode“ springen, ihren Hund in regelmäßigen Abständen mit neuen Verhaltensweisen konfrontieren, bis dieser vor lauter Hin und Her kaum noch geradeaus laufen kann. Gekrönt wird diese Laufbahn dann mitunter noch von selbst angelernten „Methoden“ aus Büchern oder eben einer online Hundeschule.
Verlässlichkeit und Authentizität sieht anders aus… Wenn nicht einmal der Mensch weiß, was er wie will, wie soll dann der Hund wissen, wie er sich verhalten soll?
Wer seinen Hund ohne Anleitung erziehen kann, der braucht auch kein online Hundetraining. Wer es nicht kann (und das ist weiß Gott keine Schande, denn niemand kann alles können), der sollte sich qualifizierte Hilfe holen, die persönlich mit den Lebewesen Hund und Mensch arbeitet. Nur so können Fehler im Umgang korrekt interpretiert und folglich auch angemessene Empfehlungen ausgesprochen werden. Per Ferndiagnose allgemeinen Einheitsbrei zu verteilen, wird weder dem Hund noch dem Hundehalter gerecht.
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