(Ein Bericht über die Hundeschule FIRST CLASS aus dem Weser Kurier; Bildunterschrift: Seit zwei Wochen lernt die Schäferhündin Anna von der Insel Rügen bei Raymond Lütjohann in Groß-Mackenstedt die Grundregeln des guten Benehmens.)
Oftmals ist der Hund der Chef im Haus: Dann hilft die "Benimm-Schule"
Vielen Hundebesitzern ist das Problem bestens vertraut: Der vierbeinige Hausgenosse macht, was er will, hört nur äußerst schlecht oder überhaupt nicht und spielt sich liebend gern als Boss im Heim auf. Wenn dann sonst nichts mehr hilft, gibt es noch die "Benimmschule" für Hunde in Groß Mackenstedt.
Diesem treuen und bettelnden Hundeblick mag man einfach nicht widerstehen. Und so rasch, wie eine Scheibe Wurst vom Teller genommen und dem Tier gegeben wird, so schnell ist die Autorität dahin. Der Mensch bestimmt nicht mehr die Geschicke, der Hund avanciert zum Chef und macht fürderhin in gar rechter Bossmanier all das, was ihm Freude bereitet: Da wird an der Leine gezerrt, da werden Menschen angesprungen, da wird auf den Tisch gehopst. Der Hund ist ungezogen, und viele Menschen können davon ein Lied in epischer Länge singen.
Irgendwann aber reichts auch dem gutmütigsten Hundehalter, und einige von ihnen setzten dann auf die Erziehungskur von Raymond Lütjohann aus Groß Mackenstedt. Der betreibt seit Jahrzehnten eine Hundeschule, erst in Bremen später in Groß Mackenstedt.
Seine vierbeinigen Gäste kommen aus ganz Deutschland. Vier bis sechs Wochen lang leben sie im 5-Sterne-Hotel mit großen Freiläufen. Spencer ist erst neun Monate alt und bringt bereits 40 Kilogramm auf die Waage. Der Mischling, an dessen Entstehung ohne Zweifel ein Riesenschnauzer beteiligt war, ist lustig und geht ganz ungezwungen auf fremde Menschen zu - alleine, der Hund gehorcht nicht. Sein Herrchen Crull aus Bremen Nord hat bereits zwei Bandscheiben - Operationen hinter sich. Er sei nicht mehr in der Lage, sagt er, das muntere Tier an der Leine zu halten.
Erst habe er sich bei einem Hundeverein informiert. Seine Einschätzung danach: "Ich will keinen Hochleistungssportler und will auch keinen scharfen Hund." Dann wälzte Familie Crull Fachzeitschriften. Ihre Einschätzung danach: "Die Hunde können einem wirklich leid tun, was da alles so empfohlen wird." Der Mann aus Bremen Nord erzählt von Auf-die-Pfoten-Treten, Schlägen und technischen Hilfsmitteln. Nein, so wolle er seinem Spencer nicht die guten Manieren beibringen.
Für Raymond Lütjohann sind das genügend Stichworte für eine Schimpfkanonade gegen jedweden gewalttätigen Erziehungsstil. Selbst Klapse mit der Zeitung seien Unsinn und würden den Hund auf Dauer nur schreckhaft machen. Nein, der Hundelehrer setzt in seiner Hundepension in erster Linie auf das Verstehen der ureigensten Verhaltensweisen von Hunden - und diese, sagt er, könne man nirgends besser studieren als bei Wölfen. So arbeitete Lütjohann zu Beginn seiner Laufbahn auch mit einem Verhaltensforscher zusammen.
Wölfe so sagt Lütjohann, hätten den starken Drang, das Rudel anzuführen oder sich diese Rudelführerschaft zu erkämpfen. Lebe ein Hund im "Menschenrudel", dann setze dieser Drang keineswegs aus: Der Hund will der Chef sein, und er versucht immer wieder, diesen Status zu erlangen. Sind die menschlichen "Rudelmitglieder" schwach - mal hü, mal hott oder mit anderen Worten inkonsequent -, dann habe der Hund ein leichtes Spiel, sagt Raymond Lütjohann. Seine Erziehungsweise in der Hundeschule am Kiekutsee setzt genau da an. Sei dem Vierbeiner klar, wer der Herr im Rudel ist, dann sei das schon die "halbe Miete". Viele kleine Ärgernisse würden sich auf dieser Grundlage leicht abstellen lassen.