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Jagdtrieb Hund: wieso, weshalb, warum?

Ein großer Hund geht in der Morgensonne auf Rehe zu.
Lohmann trifft auf Rehe und...

Welcher Hundehalter kennt diese Situation nicht: Der Hund läuft frei, der Hundehalter versucht stets die Umgebung im Blick zu haben und jedes Lebewesen vor seinem Hund zu erblicken. Doch es passiert immer wieder: Der Hund sieht vor dem Menschen ein Kaninchen, ein Reh, eine Katze oder einen Vogel und rast los. Rufen sinnlos. Hinterher rennen ebenso. Der Hund geht jetzt ersteinmal eine Runde jagen.

Je nach Lust und Laune oder Erfolg des Hundes dauert dieser Moment mehr oder weniger lange. Dann lässt der Hund vom Jagen wieder ab und widmet sich anderen Dingen - jederzeit bereit, dem nächsten Hasen wieder hinterher zu hetzen. Da hilft auch irgendwie das Anti-Jagd-Training oder das Rückruftraining nicht...

Warum jagt der Hund immer wieder? Muss das so sein? Kann man etwas gegen den Jagdtrieb des Hundes tun? Dieser Artikel erklärt einige Dinge zum Jagdtrieb des Hundes.

Jagdtrieb Hund: Welche Rassen sind betroffen?

Die Wahrheit ist: Alle! Auch wenn beschönende Rassebeschreibungen oder Verkaufsannoncen mit unter etwas Anderes behaupten, der Jagdtrieb zieht sich durch alle Hunderassen. Natürlich ist er durch die menschliche Zucht und Auslese bei einigen Rassen weniger ausgeprägt und bei anderen mehr. Aber vorhanden ist er bei jedem Hund unabhängig von der ursprünglichen Verwendung der jeweiligen Rasse. Auch Rassen, die zur Gruppe der Gesellschafts- und Begleithunde gehören wie zum Beispiel der Mops, haben einen Jagdtrieb.

Jagdtrieb Hund: Warum gibt es ihn?

Jagen ist beim Hund genetisch fixiert. Er gehört zu den Fleischfressern und ist ein Beutegreifer. Der Jagdtrieb diente ursprünglich dem Überleben. Nur wer Jagen geht, hat etwas zu fressen. Nur wer etwas zu fressen hat, überlebt.
Natürlich gibt es aus menschlicher Sicht oftmals wenig Grund für einen Hund, jagen zu gehen, wird er doch regelmäßig zuhause gefüttert. Ein regelmäßig gefüllter Napf, ein Regal voller Dosen, ein große Tonne mit Trockenfutter oder eine Truhe gefüllt mit Frischfleisch halten jedoch keinen Hund vom Jagen ab.
Das Jagen ist ein instinktives Verhalten und unabhängig von der Notwendig vorhanden.

Warum jagt ein Hund auch dann immer wieder, wenn er nie etwas fängt?

Jagen an sich ist selbstbelohnend. Das bedeutet, dass Hinterhetzen auch ohne den Erfolg des Tötens für einen Hund schon ein großartiges Erlebnis ist.
Beim Jagen werden nämlich Endorphine freigesetzt, die eine eine euphorisierende Wirkung auf den Hund haben. Diese biologische Funktion ist in der Natur deswegen sinnvoll, weil nicht jedes Jagen auch zum Erfolg führt. So bleibt der Hund motiviert, auch wenn er nicht jedes Mal (meistens auch nie) etwas fängt.

Dieser Hormoncocktail führt nicht nur zu einer gepushten Stimmung sondern auch zur Ausblendung von anderen Reizen und einem niedrigen Schmerzempfinden. Das erklärt auch, warum einige Hunde beim Jagen zum Beispiel durch Stacheldraht rennen oder auch dann noch der Beute hinterherhetzen, wenn der Erfolg absolut aussichtslos ist.

Was kann man gegen den Jagdtrieb beim Hund tun?

Man kann nichts tun, was den Jagdtrieb "von der Festplatte eines Hundes löscht". Aber man kann ihn über Erziehung - ggf. mit Hilfe einer guten Hundeschule - sehr gut kontrollieren. Wenn dies erfolgreich und vom Welpenalter an geschieht, wirkt der Hund unter Umständen so, als hätte er doch keinen Jagdtrieb. Dies ist jedoch nicht der Fall. Durch erfolgreiche Erziehung kann es aber für einen Hund so selbstverständlich sein, dass er nicht jagen darf, dass er es eben auch nicht mehr versucht.

Gleiches lässt sich auch bei anderen "ab-erzogenen" Verhaltensweisen beobachten. Ein Hund, der genau weiß, dass er nicht anspringen soll, versucht es auch gar nicht mehr. In Folge dessen wirkt er so, als würde auch auch gar nicht anspringen wollen (obwohl er es mit Sicherheit irgendwann mal versucht hat).

Kann man das bei jedem Hund zu jeder Zeit erreichen?

Ganz ehrlich: Nein. So wie bei den beiden Neufundländern auf dem Video nicht. Die kucken maximal kurz interessiert, müssen aber nicht einmal mehr angesprochen werden, wenn Rehe oder anderes Wild den Weg kreuzen.
Auch wenn es nicht so aussieht, beide besitzen sehr wohl einen Jagdtrieb. Lohmann (der braune) ist ganz jung auch einmal einem Reh und einem Kaninchen hinterhergehetzt und Rico (der schwarze) ist peinlicher Weise zu Beginn einmal in eine Gruppe Enten und Möwen reingeprescht, die gerade von einer älteren Dame mit Brot gefüttert wurden...

ABER: Beide Hunde sind von Anfang konsequent geführt worden, sodass sich der erzieherische Erfolg sehr schnell eingestellt hat. Diese Führung zieht sich durch das ganze Zusammenleben der beiden mit uns Menschen.

Hat man einen Hund, der schon längere Zeit auf Grund mangelnder Führung durch den Hundehalter immer wieder gejagt hat, so wird man ihn durch eine vernünftige Erziehung auch bei Wild in Sichtweite kontrollieren können. Ob es aber KOMPLETT ohne verbale Ansprache geht, wage ich zu bezweifeln. Gleiches gilt für spezielle Jagdhunde wie Deutsch Drahthaar, Podenco, Beagle etc. Diese Hunde kann man auch kontrollieren, es wird wohl aber nicht so passiv möglich sein wie auf dem Video, sondern auch einer Ansprache bedürfen.

Das heißt im Klartext:

  1. Je öfter ein Hund bereits gejagt hat, umso schwieriger wird es, ihm das wieder abzugewöhnen (aber es ist möglich).
  2. Je mehr die ursprüngliche Verwendung der Rasse in Richtung Jagd geht, um so schwieriger ist der Jagdtrieb zu kontrollieren (aber er ist zu kontrollieren).

Letztendlich lohnt sich der erzieherische Aufwand IMMER, weil jeder Hund regelmäßig die Möglichkeit bekommen sollte, ohne Leine zu laufen und genau so das Wild geschützt werden muss. Unterstützung bei der Erziehung Ihres Hundes können Sie bei uns zum Beispiel durch unser Seminar Hundeerziehung bekommen. Dies geschieht unter Vermittlung von theretischen Hintergrundwissen im individuellen, praktischen Einzelunterricht.

verfasst von:

Eine blonde Frau schmust im Sitzen mit einem großen, weißen Hund.
Ramona
Lütjohann,

Hundetrainerin & Tierpflegerin