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Über Rudelführer, Alpha-Tiere, Entscheidungsträger, Ersatzeltern und andere Wortklaubereien

Rudelführer oder nicht?
Der weiße Hund macht an der Leine was er will. Hier bestimmt der Hund das Geschehen. Bei dem blonden Hund bestimmt der Mensch das Geschehen an der Leine. Man kann es nennen wie man will. Nennen wir es einfach Rudelführer.

Ein Gespräch neulich in der Hundeschule:

  • Oooh nein! Ich bin definitiv nicht der „Rudelführer“ meines Hundes.
    Rudelführer-Sein ist ja sooo veraltet.
    Ich bin der „souveräne Entscheidungsträger“ für meinen Hund.
  • Ach soo!
    (sage ich und denke: Welch erschlagende Aussagekraft.)

Und, was sind Sie für Ihren Hund? Und vor allen Dingen: Was nicht?

Ich bin alles und nichts von diesen Bezeichnungen, weil es meinen Hund sowieso nicht interessiert, wie ich mich in meinem Dasein ihm gegenüber betitle. Menschen wollen für alles ein Wort. Genau EIN Wort. Und alles andere wird niedergemacht, zerpflückt, zerredet und bis in die Unendlichkeit ausdiskutiert als gäbe es nichts Wichtigeres.

Einen Hund interessiert es herzlich wenig, ob ich mich als

  • Rudelführer
  • Alpha-Tier
  • Leittier
  • Führungsperson
  • Entscheidungsträger
  • Team-Leader oder
  • Ersatzeltern

betitle. Entscheidend ist doch, wie ich mich einem Hund gegenüber verhalte. Welchen Decknamen ich mir dafür auf die Fahne schreibe, ist so belanglos wie das Wissen um die Anzahl der Rauhfaserpunkte auf der Tapete in meinem Büro.

Und trotzdem werden unter Hundetrainern, Hundebuchautoren und (dadurch beeinflusst auch) Hundehaltern immer wieder diese sinnbefreiten Wortklaubereien auf die Spitze getrieben.

Besinnen wir uns doch einmal auf etwas Wichtiges in der Hundeerziehung:

Was wollen wir von unseren Hunden?

Sie sollen in den entscheidenden Situationen das machen, was wir ihnen sagen. Ganz einfach.
Wenn sie in entscheidenden Situationen nämlich nicht das machen, was wir sagen, werden wir diese Situationen in Zukunft vermeiden. Auch ganz einfach.

In der Praxis bedeutet das zum Beispiel:

  • Wenn ein Hund regelmäßig ohne Leine laufen soll, muss er dafür abrufbar sein.
  • Auch dann, wenn man andere Hunde, Kaninchen oder Rehe trifft.
  • Wenn ein Hund stressfrei an der Leine laufen soll, muss er dafür aufhören, an eben dieser zu ziehen.
  • Wenn Mensch und Hund harmonisch zusammenleben wollen, dann muss der Hund die Regeln, die die menschliche Zivilisation erfordert, kennen und akzeptieren.

Was will bzw. kann ein Hund?

  • Ein Hund will instinktiv frei laufen und überall ausgiebig rumschnüffeln, wo es gut riecht.
  • Ein Hund will instinktiv auf andere Hunde reagieren und Kaninchen und Rehen hinterherjagen.
  • Ein Hund will instinktiv nicht angeleint sein.
  • Ein Hund kann sein Leben nicht instinktiv gemäß den Anforderungen der – wohlgemerkt- menschlichen Zivilisation leben.

Was das in der Praxis mit sich bringt, weiß jeder, der einen nicht erzogenen Hund kennt.

Erkennen Sie das Problem der Hundeerziehung?

Die Verhaltensweisen, die ein Hund instinktiv zeigen kann, laufen völlig konträr zu den Erwartungen, die Menschen an einen Hund haben.

Ein Hund wird ohne die Einflussnahme eines Menschen weder verlässlich abrufbar sein – schon gar nicht von anderen Hunden, Kaninchen oder Rehen – noch aufhören an der Leine zu ziehen geschweige denn harmonisch mit uns Menschen in einer Welt mit menschlichen Maßstäben zusammenleben.

Was kann man tun? Es gibt wahrscheinlich nur wenige Möglichkeiten:

  1. Man hält keinen Hund.
  2. Man nimmt es wie es ist und Mensch und Hund leben gestresst und eingeschränkt zusammen.
  3. Man führt den Hund, sodass er die von dem Menschen vorgegebenen Regeln ohne Stress akzeptiert und folglich jeden Tag seines Lebens alle möglichen Freiheiten genießen kann.

Für mich und meinen Hund kommt nur die dritte Möglichkeit in Frage. Ich übernehme die Führung, weil ich die menschlichen Anforderungen an einen Hund verstehe, stelle Regeln auf und wir leben stressfrei zusammen. Wie ich das nun nenne (Rudelführer, Alpha-Tier, Leittier, Führungsperson, Entscheidungsträger, Team-Leader oder Ersatzeltern) ist letztendlich egal. Wir nennen es einfach Rudelführer.

Den Hund zu führen, bedeutet, dass der Hund die von dem Menschen vorgegebenen Regeln akzeptiert und folglich jeden Tag seines Lebens alle möglichen Freiheiten genießen kann. Nicht mehr und auch nicht weniger. Welches Synonym ich dafür nutze, ändert nichts an meinem Verhalten meinem Hund gegenüber.

verfasst von:

Eine blonde Frau schmust im Sitzen mit einem großen, weißen Hund.
Ramona
Lütjohann,

Hundetrainerin & Tierpflegerin